Tausende Blicke waren bisher bei Gottesdiensten, Orgelkonzerten, Trauerfeiern oder Trauungen auch auf ein Leinwandbild neben dem Altar in der Lübbenauer Nikolaikirche gerichtet. „Das Gemälde hängt in unserer Kirche schon so lange, dass sich niemand in der Gemeinde erinnern kann, wie es dort eigentlich hingelangt ist“, sagte Franziska Dorn vom Evangelischen Kirchenkreis Niederlausitz. Auch bei Kirchenführungen oder Publikationen ist es weder besonders beachtet noch benannt worden. „Es ist vorher also tatsächlich niemanden aufgefallen, wo der Ursprung des Werkes liegt“, so die Kirchenkreissprecherin. Jetzt konnte das Geheimnis um das Kunstwerk überraschend gelüftet werden. Das Bild ist eine Kopie des Gemäldes „Große Kreuzabnahme Christi“ nach Rembrandt van Rijn (1606-1669), stellte das in der Spreewaldstadt lebende Gemeindemitglied Rudolf Bönisch fest. Für den Naturwissenschaftler, Geologen und Experten für Bearbeitungen zur christlichen Ikonographie im Land Brandenburg gibt es keinen Zweifel, dass die wohl noch im 17. Jahrhundert geschaffene Gemäldekopie nach einem Kupferstich gefertigt worden ist, die von dem 1633 gemalten Originalgemälde vom Amsterdamer Maler selbst gestochen wurde.
„Das Bild zeigt die Personen, die nach der biblischen Geschichte bei dem Geschehen der Kreuzabnahme und Grablegung Jesu dabei waren“, so der christliche Ikonographie-Experte. Das Gemälde bildet die Vorstellung davon ab, wie diese sich Rembrandt gemacht hat. Der biblische Initiator der Kreuzabnahme und Grablegung Jesu ist Joseph von Arimathäa, der auf dem Gemälde mit einem Turban dargestellt wird. Damit gehört das Bild mit in die Reihe der Kunstwerke, bei denen Rembrandt ein orientalisches Flair zeigt, ohne dass der Maler jemals dort gewesen ist. „Das Bild in der Lübbenauer Nikolaikirche ist übrigens das einzige dieser Art im Land Brandenburg“, sagte Bönisch. Er besitzt noch eine ganz besondere Rarität, nämlich einen Kupferstich von der großen Kreuzabnahme. Das Bild von der Kreuzabnahme Christi von 1633 kann in der Pinakothek in München bewundert werden. Kopien in unterschiedlichen Formaten gibt es im sächsischen Herrenhut, in Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) und bei Wittenberg (Sachsen-Anhalt). Im Potsdamer Museum „Barberini“ findet noch bis zum 27. Juni die Ausstellung „Rembrandts Orient“ statt, die rund 110 orientalisch-exotische Motive der Niederländer Malerei des 17. Jahrhunderts zeigt. Wer sich allerdings nur für Rembrandts „Die große Kreuzabnahme“ interessiert, kann die Gemäldekopie zu den Öffnungszeiten (täglich 10-18 Uhr) in der 1741 eröffneten St. Nikolaikirche in Lübbenau am Kirchplatz 4 bestaunen. (kay) 14. April 2021