„Wems bist du?“, lautete noch vor über 80 Jahren in der Doppelgemeinde Dissen-Striesow bei Cottbus die Frage nach dem Grundstücksbesitzer. Ein sorbisch-wendischer Name für den eigenen Hof war einst ein besonderes Erkennungsmerkmal und regelte auch das Abgabensystem. „Der Hofname war wie eine heutige Steuernummer“, sagte Domowina-Regionalsprecherin Karin Tschuck. Die meisten kannten gar nicht den richtigen Familiennamen der Besitzer, sondern nur den Hofnamen. Das Museums- und Storchendorf Dissen erinnert bereits seit vier Jahren mit einer besonderen Aktion und jetzt über 100 blau-weißen Schildern an die alten sorbisch-wendischen Hofnamen. Da kann man an den überwiegenden Vierseitenhöfen die Namen lesen, wie „Tysaric“ (Tischler), Polakovjc“ (Feldmann, Ansiedler auf freiem Feld) oder „Worjeskojc“ (Walnuss). Jetzt zieht auch Striesow als zweite Hälfte des im 15. Jahrhundert von westslawischen Siedlern gegründeten Dorfes an der Spree nach. Hier sollen in Kürze über 50 alte Hofschilder an den Gehöften und Grundstücken angebracht werden.
„Scepankojc“ wird unter anderen künftig an dem Grundstück der Familie Budich in Striesow stehen. „Vier Genrationen leben auf ihrem Hof, der seit mindestens fünf oder sechs Generationen im Familienbesitz ist“, sagte die Domowina-Regionalsprecherin. Auch „Kokotoje“, „Barkukaric“, „Cyglaric“, „Duringoic“ oder „Kiscye“ wird man schon in Kürze an weiteren Höfen lesen können. Drei ältere Einwohnerinnen haben die alten Hofnamen zusammengetragen. Karin Tschuck hat sie in der heute üblichen Schreibweise dokumentiert. Beim Sonntagsspaziergang in Arbeits- oder Alltagstracht konnten die „Hofdamen“ am vergangenen Wochenende die historischen Schilder in Empfang nehmen. Dazu gab’s gratis ein Stück Bauernkuchen. Gefördert wurde das Hofnamen-Projekt zu hundert Prozent vom Kulturministerium des Landes Brandenburg im Rahmen des Sorben-Wenden-Gesetzes. „Das Vorhaben steigert unsere sorbisch-wendische Identität und Zweisprachigkeit“, sagte Bürgermeister Fred Kaiser (parteilos). Außerdem lockt es noch mehr Touristen in das Storchendorf und nach Striesow, das zwar keine Kirche hat, aber einen Glockenturm als Gemeindetreffpunkt. (kay) 23. März 2021