Aktuelles
Heiler und Hexer aus der Oberlausitz
Krimis aus der Oberlausitz, ein Kunstband über Maja Nagel und ein Band über historische Briefbeschwerer gehörten zum Angebot der Verlage aus Bautzen, Görlitz und Kamenz bei der diesjährigen Leipziger Buchmesse im März. Das ganze Programm hatten die Verleger zuvor bei einer Pressekonferenz im Bautzener Theater vorgestellt. Sie präsentierten sich nun schon 15 Jahre zusammen in dieser Form, sagte Maria Matschie, Geschäftsführerin des Domowina-Verlages. Die Initiative dafür war vom Bautzener Verleger Frank Stübner ausgegangen, der im Frühjahr 2017 gestorben ist. Generell stehe die Bruchbranche vor schwierigen Zeiten, sagte Maria Matschie. Die Zahl der Buchverkäufe ist zurückgegangen. Die Buchmesse aber hilft den Verlagen, für ihre neuen Bände zu werben.
Von Kröten, Salamandern und Pfeilgiftfröschen erzählt das Buch „Amphibios – vom Wunder der Verwandlung“ aus dem Museum der Westlausitz in Kamenz. Der reich bebilderte Band ist zur aktuellen Ausstellung erschienen. Museumsleiterin Friederike Koch-Heinrichs kündigte außerdem eine neue Ausgabe der hauseigenen Publikation „Zwischen Großer Röder und Kleiner Spree 10“ an, die gibt Einblicke in die Welt des Aberglaubens vergangener Jahrhunderte, erzählt von der sorbischen Sagenfigur Krabat, Hexern und Heilern. Bereits sehr erfolgreich läuft im Museum die „Kleine Germanenkunde“, ein Büchlein „für Kinder und Schnellleser“.
Erfolgreich im Neissuferverlag in Görlitz sind „Taty und Paul – Die fantastischen Abenteuer einer Elfe“ und „Tatys kleine Kräuterfibel“. Im Sommer erscheint ein weiteres Kinderbuch: „Fränze Knoof und der Hund mit den gelben Streifen“. Verlegerin Natascha Sturm hat außerdem einen Krimi herausgebracht. „Recht wie Wasser – Der dritte Fall“ handelt in einem Dorf in der Oberlausitz. Dort werden zwei Wachsleichen gefunden, eine davon kam gewaltsam ums Leben. Den Krimi schrieb Sylke Hörhold, von ihr sind zuvor „Emmelie – Der erste Fall“ und „Hexenbrennen – Der zweite Fall“ erschienen. Die beiden Bücher hatte noch Frank Stübner mit seinem Lusatia Verlag herausgegeben. Natascha Sturm übernahm beide und bietet damit drei Krimis an.
Der Domowina-Verlag in Bautzen hat bereits Krimis in sorbischer Sprache herausgebracht, im vergangenen Jahr „Módre buny“ (Blaue Bohnen) mit einer Geschichte, die in Bautzen spielt. Zu den neuen Angeboten gehört der Kalender "Meine Lausitz 2020“, für den Wolfgang Wittchen aus Kamenz fotografierte. Erst kürzlich hat der Verlag ein Buch von Benedikt Dyrlich im Bautzener Burgtheater vorgestellt: „Leben im Zwiespalt 1. Aus Tagebüchern, Briefen und Beiträgen 1964-1989“. Dyrlich war unter anderem Dramaturg im Bautzener Theater, Mitglied des sächsischen Landtages für die SPD und Chefredakteur der sorbischen Zeitung „Serbske Nowiny“. Im Sommer erscheint ein Bildband zum 60. Geburtstag der sorbischen Künstlerin Maja Nagel. Zuvor gibt es noch „Mittendrin der Hahneberg“ mit Geschichten aus Königswartha, Neschwitz und Milkel.
Der Görlitzer Verlag Gunter Oettel hat „Historische Briefbeschwerer“ im Programm, die an Orten wie Weißwasser von Glasmachern hergestellt worden sind. Das Buch wäre bei der Messe gut aufgehoben gewesen, war aber noch nicht fertig. Gunter Oettel plant auch einen großen Band über Muskauer Steinzeug, der im Herbst erscheinen soll. Zu seinem Angebot gehört ein „Ortsnamenverzeichnis von Sachsen für Sammler und Heimatforscher“. Vor allem für seine wissenschaftlichen Bücher gibt es regelmäßig Anfragen von Universitäten aus den USA. (st) 18. März 2019
Annelies Schulz schreibt über Holunderzeit
Die Schriftstellerin Annelies Schulz aus Taubenheim in der Oberlausitz hat Bücher in Verlagen wie Eulenspiegel, Mitteldeutscher und Lusatia veröffentlicht, darunter "Das Kindheitshaus", das viele Leser berührte. Nach dem plötzlichen Tod von Frank Stübner, dem Chef des Lusatia Verlages in Bautzen, im Frühjahr 2017 konnte sie einige Zeit gar nicht schreiben. Dann fand sie eine neue Heimat im Oberlausitzer Verlag, wo Aphorismen und ein Kinderbuch von ihr erschienen sind, und veröffentlichte eine kleine Geschichte im neuen Oberlausitzer Hausbuch im Via Regia Verlag. Woran sie jetzt arbeitet, sagt sie im Interview.
Frau Schulz, an welchem Buch arbeiten Sie gerade?
Ich arbeite immer noch an dem Erzählband "Holunderzeit", und obwohl es schon viele Nachfragen nach dem Erscheinen des Buches gibt, kann ich nicht genau sagen, wann ich damit fertig sein werde.
Worum geht es?
Es geht ums Altwerden, und als Synonym dafür habe ich die Holunderzeit gewählt, die Zeit, in der der Sommer seinen Hut nimmt, wie meine Großmutter das so bildhaft ausdrückte. Das letzte, was sie nun noch einlegte, waren die Holunderbeeren. Alles ist getan, alles geht aufs Jahresende zu. Ich bin jetzt 85 jahre alt, das ist auch für mich die Endzeit. Doch das geplante Buch ist keineswegs todernst, es geht um Erinnerungen und um gelegentliche Altersbefindlichkeiten.
Der Herbst hat ja auch schöne Tage.
Ja, es gibt schöne Herbsttage und viele heitere Seiten, Kurioses und manchmal auch Peinliches, was man im Alter erfährt. Da kann es schon mal passieren, dass man Leute, die einen freundlich grüßen, nicht mehr erkennt oder dass man einen grüßt, mit dem man eigentlich nichts zu tun haben wollte, doch der grüßt dann freundlich zurück und von da an ist alles wieder im Lot.
Sie erzählen von eigenen Erlebnissen?
Ja, "Geschichten von gestern und heute" ist der Untertitel. Das Buch enthält Erinnerungen an die Kindheit und viel Gegenwärtiges. Ich habe daraus schon mal in Seifhennersdorf eine Testlesung gemacht und bin damit gut angekommen. Als ich ankündigte, es geht um die Abschiedszeit des Sommers und des Lebens, sagte eine Leserin: "Oh je, das wird ja eine traurige Geschichte". Aber dann war sie doch überrascht.
Die Geschichten handeln wieder in der Oberlausitz?
Natürlich. Die Oberlausitz und ihre Menschen sind mein Lebensthema. Auch die Großmutter ist wieder dabei und viel Kurioses von gestern und heute.
Wo erscheint das Buch?
Voraussichtlich wieder im Oberlausitzer Verlag, wo bereits meine Aphorismen erschienen sind. Zu dem kleinen Band habe ich viele Zuschriften bekommen, er ist von Annett Wolf sehr gut illustriert, was mir immer wieder bestätigt wird.
(Interview: Silvia Stengel) 8. März 2019
Selbstbildnis zum 111. Geburtstag und Streifzüge von Carl Lohse
Der Maler Rosso H. Majores wäre in diesem Jahr 111 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass widmet ihm die Carl-Lohse-Galerie in Bischofswerda eine Ausstellung, die am 26. August öffnet. Parallel dazu wird erstmals die neue Dauerausstellung zu Carl Lohse mit dem Titel „Streifzüge“ zu sehen sein. In dieser werden vor allem Zeichnungen des bedeutenden Vertreters des Spätexpressionismus gezeigt, teilt die Stadt mit.
Rosso H. Majores hätte seinen Geburtstag am 7. April gefeiert. Er arbeitete nicht nur als Maler und Grafiker, sondern auch als Kunstpädagoge. Rosso H. Majores war kein Bischofswerdaer, heißt es in der Mitteilung. Weder war er hier geboren oder aufgewachsen, noch verbrachte er deutlich viel Lebenszeit in der Stadt. Allein zum Lehren kam er ab 1952 regelmäßig und über viele Jahre hinweg nach Bischofswerda. Als Leiter des Mal- und Zeichenzirkels im Kulturhaus hat er einen unschätzbar großen Anteil am künstlerischen Schaffen in der Stadt. Unter seinen Schülern reihen sich bekannte Bischofswerdaer Namen wie Siegfried Hedusch, Hellmuth Tischer, Johannes Haase, Bernd Warnatzsch, Falk Nützsche, Rolf Werstler, Knut van der Vinzburg und Jens Hackel ein. Ein Teil seines Nachlasses ging als Schenkung in den Besitz der Stadt über. Insgesamt umfasst sein Werk etwa 230 Ölgemälde sowie 2.100 Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken und Monotypien. Die Jubiläumsausstellung zum 111. Geburtstag ist bis zum 16. Oktober in der Carl-Lohse-Galerie zu sehen.
Dass Carl Lohse eng mit der Stadt verbunden war, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Einen Großteil seines Lebens verbrachte er in Bischofswerda. Fünfundzwanzig Jahre nach seinem Tod – 1990 – gründete sich in der Stadt die „Interessengemeinschaft Carl Lohse“. Mit deren Hilfe wurde gegenüber dem ehemaligen Wohnhaus und Atelier des Malers – im heutigen sogenannten Bischofssitz – 1993 eine Galerie ihm zu Ehren eingerichtet. Ein Großteil seines Nachlasses ging als Schenkung in den Besitz der Stadt über. Eine Auswahl dieser Arbeiten ist in der ständigen Ausstellung zu sehen.
Die Stadt schreibt über den Künstler: Der gebürtige Hamburger Carl Lohse (1895-1965) kam nach dem Ende des Ersten Weltkrieges auf Einladung des Armaturenfabrikanten Karl Hebenstreit erstmals nach Bischofswerda. Im Hause des Kolonialwarengroßhändlers Alfred Scheumann, dessen Tochter Johanna Lohse 1925 auch heiratete, fand der junge Maler ideale Arbeitsbedingungen. Im Kreise der Dresdner Künstlerfreunde, darunter Erich Ponto, Ludwig Renn, Hildebrand Gurlitt, Erna Lincke und Hans Christoph, die im Scheumannschen Haus ein- und ausgingen, fühlte er sich respektiert und in seinem expressionistischen Schaffen bestärkt. In der Folge entstand sein starkfarbiges Frühwerk, das heute zu den bedeutendsten Schöpfungen des deutschen Expressionismus nach dem Ersten Weltkrieg zählt. Ausstellungen in den Dresdner Galerien Arnold (1920) und Richter (1921) wurden von der Kritik gelobt, sie brachten jedoch nicht die erhofften Verkaufserfolge, was Lohse zwang, für einige Jahre nach Hamburg zurückzukehren. 1929 zog er mit seiner Frau endgültig nach Bischofswerda; in das Haus seines Schwiegervaters, in dessen Kolonialwarengroßhandel er auch mitarbeitete. Aber das Malen bestimmte weiter seine Freizeit. Die zweite Schaffensperiode, die bis 1939 anhielt, ist durch einen realistischeren Gebrauch der Farben gekennzeichnet. Sein Spätwerk besticht schließlich durch bedeutende Porträts und Landschaften. Zu Lebzeiten blieb Carl Lohse nur wenig künstlerische Anerkennung vergönnt, vor allem von den vorherrschenden Regimen – zunächst dem faschistischen, später dem der DDR – wurde er diffamiert und angefeindet. Aber der „kompromissunfähige“ Lohse ging seinen künstlerischen Weg unbeirrt weiter. (st) 26. August 2022
Carl-Lohse-Galerie Bischofswerda, Dresdener Straße 1, 01877 Bischofswerda, Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag: 13–18.Uhr, Freitag: 10–14 Uhr, Sonntag: 14–17 Uhr
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